Bitcoin löst ziemlich extreme Reaktionen aus, die je nach Situation von Ablehnung und Häme bis hin zu blankem Hass reichen. Das Level an Verachtung ist kaum rational erklärbar. Was wahrscheinlich daran liegt, dass keine Rationalität im Spiel ist. Vielmehr verkörpert Bitcoin eine urmenschliche Angst vor Innovation. Woher die kommt und wie die Menschheit in den letzten 2000 Jahren damit umgegangen ist, ist Gegenstand dieses Artikels.
Von allen Themen, zu denen man die künstliche Intelligenz befragen kann, ist Bitcoin eines der aufschlussreichsten. Auch wenn es Lücken gibt, antwortet die KI oft fundierter und positiver als wir das aus der Mainstream-Presselandschaft kennen. Das liegt auch daran, dass ihr ein paar menschliche Eigenschaften fehlen: Zum Beispiel Angst. Sie fürchtet sich nicht vor Veränderungen und reagiert nicht panisch, wenn plötzlich die neue (Bitcoin-) Welt am Horizont erscheint. Bei Menschen scheint diese Eigenschaft allerdings angeboren.
In Tolstois Krieg und Frieden bemerkt der Protagonist Bolkonski, dass auch intelligente Menschen, sogar solche, die bekannt sind komplexeste Probleme lösen zu können, selten einfache und offensichtliche Wahrheiten akzeptieren können, wenn es sie zwingen würde, falschen Annahmen zuzugeben, „which they have woven, thread by thread, into the fabrics of their lives.“ Deswegen sind Diskussionen über Bitcoin oftmals unmöglich, weil es keine gemeinsamen Grundannahmen gibt. So entstehen argumentative Parallelwelten, die unmöglich zu vereinen sind.
Nur so kann man erklären, weshalb bei Unterhaltungen zwischen Bitcoinern und Kritikern derart konträre Ansätze gegenüberstehen. Das Meinungsgefälle ist gigantisch: So sei Bitcoin freies und gesundes Geld mit dem Potenzial, unsere Zeitpräferenz zu senken und unsere Gesellschaft für immer positiv zu verändern – sagen Bitcoiner. Kritiker wiederum behaupten, Bitcoin sei einfach ein wertloser Luft-Token, der nur existiert, um als Vorzeige-Ponzi frühe „Investoren“ reich zu machen. Hier der feste Glaube an die Trennung von Staat und Geld, die unserer Zivilisation den Weg in eine gerechte und nachhaltige Zukunft weist. Dort Faszination mit dem Spekulationsobjekt Bitcoin, das als „Klimakiller“ intrinsisch wertlose, unsichtbare Münzen in Umlauf bringt, mit denen niemand bezahlt außer Kriminelle. Wie kann so ein Disconnect entstehen? Und wie kann man ihn auflösen?
Bitcoiner möchten den Widerspruch oft durch Bildung beseitigen und Kritiker bekehren. Ihre Lösung ist die Verabreichung der orangen Pille, die mit jeder Menge Bildung in Form der richtigen Literatur einhergeht. Und bei sehr offenen und zugänglichen Menschen gelingt das auch. Das zu Grunde liegende Verständnis der Bitcoiner beruht darauf, dass nur mangelndes Wissen zur Kritik führt. Doch das ist nicht alles. Folgt man der Annahme, müsse ja jeder verbleibende Skeptiker nur ein einziges Buch lesen, um auf den rechten Weg zu finden und morgen schon Satoshis zu stacken. Doch so einfach ist das nicht. Die „orange pill“ ist ziemlich groß. Denn Bitcoin steht für alles, was neu ist. Und es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass Menschen offen für Innovation sind. Im Gegenteil, wie uns die Geschichte zeigt.
Die alte und die neue Welt
Bitcoin ist in seinen Grundzügen nicht schwierig zu verstehen. Was die Aufnahme von Informationen allerdings erschwert, ist die Tatsache, dass Bitcoin so ziemlich alles über den Haufen wirft und in Frage stellt, was man im Laufe seines Lebens gelernt hat. Wie viele Bitcoiner predigen, führt das System am Ende zur Frage „was ist Geld?“. Bitcoin ist damit praktisch die Definition einer radikalen Innovation. Und es ist symptomatisch dafür, dass Bitcoin kaum mit passenden Worten beschrieben werden kann. Es sind vor allem Skeumorphismen, also Begrifflichkeiten der vertrauten alten Welt, die dafür sorgen, dass man über die sprachliche Brücke Zugang zur Innovation bekommt. Kein Begriff beschreibt aber eigentlich das, was wirklich passiert: Der „Coin“ oder das „Versenden“ von Bitcoin suggerieren eine physische und räumliche Komponente, genau wie das „Wallet“. Aber Bitcoin existiert an keinem Ort. „Mining“ liefert ein schönes Bild, das aber ebenso irreführend ist, weil es den eigentlichen Vorgang nicht erklärt. Nichts davon existiert. Uns fehlen die Worte für die neue Welt.
Bitcoin schafft eigene Institutionen
Für den lebenserfahrenen Menschen sind schon das große Umstellungen. Aber die Innovation Bitcoin geht weit über sprachliche und technische Komponenten hinaus. Bitcoin schafft neue Institutionen und ignoriert im Prinzip alle, mit denen ein Mensch des 20. Jahrhunderts aufgewachsen ist. Was sind Landesgrenzen, Gesetze, Banken oder Finanzämter in einem System, das restlos alles, was mit Geld zu tun hat, neu erfindet und dabei dezentralisiert und digitalisiert? Egal wie sehr man sich darauf beruft, dass der Code und somit die Technologie hinter Bitcoin neutral seien. Die Idee ist revolutionär – und somit verdächtig.
Was ist Bitcoin alles, was eigentlich in der alten Welt unmöglich war: Ein elektronischer Rohstoff ohne Emittenten? Eine garantierte und dabei digitale Knappheit? Geld als Peer-to-Peer Netzwerk? Eine globale Währung, die aus keinem Land kommt? Eine Währung, die aber kaum Recheneinheit zu sein scheint? Ein fest begrenztes Geld, das doch scheinbar unendlich teilbar ist? Ein vorprogrammierter Ausgabemodus, den niemand beeinflussen kann? Das Unverständnis ist im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert.
Das Innovations-Narrativ
Bitcoin und vor allem dessen Ablehnung zeigt uns, dass es ein Mythos ist, dass wir Menschen uns geradezu nach Disruption und Veränderung sehnen und geduldig auf den auf den Meteoriten der Innovation warten. Wir sehnen uns vielmehr nach dem Alten und Bewährten – nach festen Traditionen. Innovation ist vielmehr ein Narrativ, das im 20. Jahrhundert zu einem regelrechten Hype avancierte, der bis heute andauert. Die Erfahrung zeigt aber, dass Menschen sich fast immer gegen Veränderung und Innovation stellen. Und das teilweise über Jahre und Jahrzehnte. Kaum eine große Erfindung konnte sich in nur wenigen Jahren flächendeckend durchsetzen. Es ist schon beinahe ein Beweis für eine große Innovation, dass es lange dauert, bis sie sich durchsetzt.
Blockchain not bitcoin?
Wegen der anti-innovativen Grundhaltung ist die Geschichte der Innovation auch und vor allem geprägt von Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit. Es ist ein Kampf gegen Zurückweisung und Ablehnung. So ist es bezeichnend, dass ein Großteil der breiten Öffentlichkeit im letzten Jahrzehnt die Kern-Innovation von Bitcoin ignoriert hat: Stattdessen wurden Schlagworte wie „Blockchain“ rausgepickt und zum Hype deklariert. Die eigentliche Innovation des Bitcoin Systems wird dabei links liegen gelassen und zerstümmelt, stattdessen soll ein Bruchstück herhalten, um mit fragwürdiger Logik Lieferketten und andere logistische Prozesse zu optimieren. Das Zurechtstutzend hat einen Grund: „Blockchain“ passt in die alte Welt, in der Firmen und Länder existieren und User aber auch Admins gibt. Auch die Tatsache, dass die Politik sich lieber im Fahrwasser zentral gesteuerter Kryptowährungen bewegt, statt auf Bitcoin zu setzen, spricht Bände.
Menschen suchen durchaus Veränderungen, wenn sie in kleinen Schritten stattfindet, die ihre aktuellen Lebensumstände verbessern. Doch Neuerungen dürfen immer nur in homöopathischen Dosen verabreicht werden, damit es keine Verunsicherung gibt. Tatsächlich sind auch die meisten Neuerungen, die für große Innovationen gehalten werden, kaum signifikante Veränderungen bereits existierender Technologie. Das iPhone als Paradebeispiel der disruptiven Innovation hat zwar einen neuen Markt geschaffen. Doch die elementare Idee basierte nur darauf, drei Gegenstände perfekt zu vereinen, die Menschen ohnehin schon genutzt hatten. Es war eine disruptive, aber keine radikale Innovation.
Innovation in der Antike
Und trotz der konservativen Grundhaltung des Menschen ist die Geschichte voll von Innovationen. Aristoteles schreibt in seiner Metaphysik, dass alle Menschen „von Natur aus nach Neuem“ streben. Es sei das Menschliche schlechthin. Und so treffen immer wieder Neugier und Ablehnung aufeinander. So schon im antiken Griechenland, wo das Konzept der Innovation seinen Niederschlag im Begriff „Kainotomia“ fand. Der hatte von Anfang an eine politische Dimension, denn es ging darum, „Veränderung in eine etablierte Ordnung“ zu bringen. Innovation war dadurch aber negativ besetzt und von Grund auf subversiv und revolutionär im negativen Sinn.
So manifestierte sich für Philosophen wie Plato und Aristoteles die Innovation in Alltagsthemen wie Spielen und Musik. Die Athener sahen damals diverse musikalische Neuerungen, die den Zuhörern als radikale Abweichung von der Tradition erschienen. Es hagelte Kritik und jede Menge Häme für die neue Musik, die Plato gerne vollständig verboten hätte. Sein Argument dagegen war, dass Innovation niemals mehr sein sollte als eine neue Kombination aus vertrauten Elementen und Strukturen. Für den Erfolg von Innovation, so Plato, müssen existierende Vorstellungen von Werten berücksichtigt werden. Innovation im Vakuum würde nur zu Ablehnung und Unverständnis führen. Bitcoin ist wahrscheinlich das beste Beispiel dafür.
Doch auch wenn die Existenz des griechischen Begriffs eine Relevanz suggeriert war Innovation im Alltag der Griechen kaum ein Thema. Tatsächlich wurde er von den Schreibern der Antike kaum verwendet. Im Gegensatz dazu hatten die Römer gar keinen Begriff für Innovation, auch wenn es viele Wörter für Neuheiten gab, so wie „novitas“ oder „res nova“. Und ähnlich wie das griechische „Kainotomia“ hatte das Verb „novare“ eine negative Bedeutung. Die Römer hatten eine interessante Haltung zu Neuerungen. Denn auf der einen Seite waren sie natürlich große Erfinder, die auf allen Ebenen erstaunliche technische Errungenschaften und Ingenieursleistungen hervorgebracht haben. Auf der anderen Seite zogen sie durchaus auch Grenzen, wenn Innovation zu revolutionär wurde.
Tiberius und das flexible Glas
So wird eine Geschichte von Kaiser Tiberius überliefert (14-37 n. Chr.), dem ein römischer Glaser ein bahnbrechendes Glas demonstrieren wollte. Die besondere Eigenschaft: Es zerbrach nicht. Plinius berichtet, dass seine Erfindung „vitrum flexile“ genannt wurde, also flexibles Glas. Der Handwerker präsentierte dem Kaiser eine wunderschöne transparente Vase, die er auf den Boden fallen ließ. Obwohl sie eigentlich in 1000 Stücke hätte zerbrechen müssen, blieb sie fast unversehrt. Tiberius war der Erzählung nach sichtlich beeindruckt, aber fragte den Glaser nur, wem er von seiner Erfindung des unzerbrechlichen Glases erzählt hatte. Die Antwort: niemandem. Daraufhin ließ Tiberius den Man töten und seine Werkstatt zerstören. Seine Befürchtung war wohl, dass das neue Material auf kurz oder lang das imperiale Gold oder Silber im Wert mindern könnte.
Interessant ist die Geschichte in Anbetracht der Tatsache, dass die Römer viele andere Erfindungen nutzten, die nicht weit vom flexiblen Glas entfernt waren, und ebenfalls Material haltbarer und besser machten. So hatten die Römer zum Beispiel eine besondere Zusammensetzung von Beton entwickelt. Durch kleine Kalkbrocken im Material bewirkten sie, dass das „opus caementium“ eine „selbstheilende“ Wirkung entfaltete. Durch das Eintreten von Flüssigkeit wurde das Kalzium aus den Brocken gelöst und füllte die Lücken. Der Innovationsgrad war nicht unbedingt kleiner. Aber haltbarer Beton war nicht subversiv. Flexibles Glas hatte die Grenze der Innovation überschritten. Übertragen auf unsere Zeit: Blockchain ist in Ordnung, aber Bitcoin ist zu viel des Guten.
Revolution, Ketzerei und Individualismus
Wir vergessen im Erneuerungshype häufig, dass Innovation historisch fast immer als Laster angesehen wurde, das teils explizit und per Gesetz verboten war. Der Begriff wurde vor allem bis ins 17. Jahrhundert immer wieder von Gegnern der Veränderung bewusst als linguistische Waffe eingesetzt. Menschen wurden wortwörtlich angeschuldigt, „Innovation“ betrieben zu haben. Dabei stand vor allem die subversive und revolutionäre Bedeutungsebene im Mittelpunkt. Für lange Zeit galt der Erneuerer als Ketzer und wurde auch so genannt – von Klerikern, Monarchisten und Konservativen im Allgemeinen. Innovation, Revolte oder Ketzerei waren praktisch Synonyme.
Natürlich wurde dennoch erfunden und erneuert, aber die innovationsfeindliche Geisteshaltung führte dazu, dass es lange dauerte, bis sich neue Dinge final durchsetzten. Der schottische Philosoph Thomas Reid sagte Ende des 18. Jahrhunderts, Innovation sei eine Handlung, die selbst dann zu Vorurteilen und Fehlinterpretationen führe, wenn sie notwendig sei. Eine Innovation „must wait the sanction of time to authorize it.“ Innovation ist eng verbunden mit Individualismus. Denn derjenige, der erneuert, nimmt sich die Freiheit, etwas von sich selbst mit einzubringen. Er fügt sich nicht der etablierten Ordnung und Tradition unter. Innovation ist sozusagen ein individuelles Konstrukt.
Bitcoin ignoriert Tradition
Auch die öffentliche Meinung zu Bitcoin kann man unter diesem Blickwinkel betrachten. Denn auch wenn Bitcoin eine lange Vorgeschichte hat, die vor allem durch die Vorarbeit vieler Cypherpunks geprägt ist, ignoriert das „P2P Electronic Cash System“ auf noch nie dagewesene Art und Weise alle Institutionen und Traditionen unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Bitcoin wird nicht von Staaten ausgegeben und die Geldmenge kann weder von Politikern noch von Zentralbankern gesteuert werden. Bitcoin ist nirgends gemeldet und hat de facto keine regionale Herkunft. Die Legitimität einer Transaktion wird nicht von menschlichen Institutionen wie Gerichten oder Banken festgelegt, sondern durch eine auf allen Nodes geteilte Historie.
Im Prinzip hat Bitcoin seine eigene Rechtsprechung. Und sogar eine eigene Zeitrechnung. Die Herstellung des Geldes ignoriert Landesgrenzen, Staaten und Gesetze. Kurzum, Bitcoin ignoriert jede existierende und etablierte Institution, die traditionell für Geld zuständig ist, gekrönt von der Tatsache, dass es offensichtlich die Idee einer einzelnen Person oder zumindest einer kleinen Gruppe von Menschen war – lupenreine Ketzerei.
Der Innovator: vom Ketzer zum kreativen Genie
Wie wir wissen, hat der Begriff Innovation im 20. Jahrhundert eine Kehrtwende gemacht. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges bekam das Phänomen zum ersten Mal einen positiven Anstrich, der meistens mit dem Werk Josef Schumpeters in Verbindung gebracht wird, weil dieser Innovation mit technologischem Fortschritt und Produktivität in Verbindung brachte. Innovation war nunmehr nicht länger subversiv, sondern einfach nur – und im positiven Sinne – nicht traditionell. Damit war der Innovator kein Ketzer, sondern vielleicht ein nonkonformer Abweichler. Mitunter wurde er damit sogar zum Kreativen und Genie. Er ist derjenige, der den Wandel bringt, der untere anderem die Produktivität steigert.
Fortan wurde der Begriff allerdings so umfassend und häufig verwendet, dass er sich abnutzte. Der Autor Clive Staples Lewis warnte schon 1960, dass er zur „semantischen Null“ verkommt, die am Ende keine inhaltliche Aussagekraft hat. Das Ergebnis sehen wir heute. Alles ist innovativ und jeder ist ein disruptiver Innovator. Der Begriff ist nun keine Anklage mehr, sondern wird sogar zur Selbstbeschreibung. Es gibt innovative Gadgets, Apps, Websites, und natürliche auch innovative Firmen, Ämter oder sogar Regierungen. Und interessanterweise stellen sich die meisten von ihnen instinktiv gegen echte Innovation, wenn sie denn passiert.
Jede Institution ist anti-innovativ
Tatsächlich stellt echte Innovation für jede etablierte Institution fast eine Unmöglichkeit dar. Denn jede Firma, die sich selbst und ihre Position stärken und etablieren will, denkt statisch. Ebenso wie ein Staat, der in seinen eigenen Grenzen denkt. Alle gefestigten Institutionen sind langsam gewachsen und wollen bleiben, wie sie sind. Sie sind durch ihre reine Existenz anti-innovativ. So wie Politiker, die Bitcoin gerne ignorieren möchten, weil sie mit der Adoption des Systems ihre eigene Grundlage in Frage stellen würden.
Aber Ignorieren ist nicht alles. Die Reaktionen auf Bitcoin sind symptomatisch dafür, dass sich die allgemeine Haltung gegenüber Innovation nur graduell und an der Oberfläche verändert hat. Der Spielraum des einzelnen in unserer Gesellschaft zu verändern ist sicherlich größer als früher. Aber wann immer etwas die Grenzen der Tradition überschreitet, macht sich Skepsis und Verachtung breit. Der Vorwurf der Ketzerei ist fest verankert.
Innovation war Revolution und Ketzerei, aber wurde auch mit Krankheit, Verführung oder Untergang assoziiert. Genau in diesem Spektrum bewegt sich Bitcoin täglich in den Medien. Nie wird Bitcoin ignoriert oder vergessen, sondern mit Häme überzogen, angefeindet und in seiner Daseinsberechtigung angezweifelt. Obwohl Bitcoin seit über 14 Jahren existiert, wird der baldige Niedergang prophezeit. Das Thema reizt so sehr, dass manche Autoren sich regelrecht auf den Untergang von Bitcoin spezialisiert haben. Und kein Argument, keine Metrik, egal wie wissenschaftlich erhoben, und nicht einmal massive Preisanstiege vermögen es, die Kritiker zu besänftigen, die bereits ihre Meinung gebildet haben.
Bitcoin ist Nonkonformismus
Ketzerei verbinden wir mit Religion, mit Menschen, die in der Inquisition verbrannt wurden. Der Ursprung ist allerdings säkular. Das griechische hairetikós bezeichnete in der Antike einen Zustand, in dem man „auswählen“ konnte. Es hatte also einen individualistischen Unterton. Auch noch im 14. Jahrhundert hatte „heretik“ neben der religiösen auch die Bedeutung, dass man sich nicht an eine etablierte Doktrin oder Tradition anpasst. Bitcoin ist offensichtlich die extremste Form des Nonkonformismus.
Francis Bacon beschrieb Innovationen auf einfühlsame Weise in „Novum Organum“ (1620): „Innovations … at first are ill-shapen. They are like strangers … what is settled by custom is fit … whereas new things piece not so well. They trouble by their inconformity.“
Doch auch wenn Bitcoin Traditionen ignoriert und konservative Menschen verunsichert, ist die Adoption unumgänglich. Denn mit jedem Tag, der vergeht, ist Bitcoin auf dem besten Weg, selbst eine Tradition zu werden. Und das effektivste Mittel ist dabei keine gigantische „orange pill“, sondern der Innovator schlechthin: Zeit.