“Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic”.
Arthur C. Clarke
Bitcoin ist mystisch. Es transformiert Energie zu Geld, schafft eine eigene Zeitrechnung, verschlüsselt und entschlüsselt Informationen und beinhaltet an vielen Stellen Symbolismus. Einiges erinnert an die obskure Geheimlehre der Alchemie, die mehrere tausend Jahre an unterschiedlichen Orten der Welt praktiziert wurde. Doch scheiterten Alchemisten nicht an der Herstellung von Gold? Hier kommt ein ausgiebiger Spaziergang in zwei sehr unterschiedliche aber wesensverwandte „rabbit holes“.
Um Bitcoin-Novizen zu beeindrucken, genügt es oft, zu demonstrieren, wie man mithilfe von zwei Würfeln ein Wallet erstellt. Selbst wenn man kognitiv versteht, dass es 2¹⁶⁰ mögliche Adressen gibt und zwei identische zu würfeln praktisch unmöglich ist, erscheint die Vorstellung eines mechanisch-mathematisch erzeugten Wallets absurd. Denn Bitcoin verlässt dabei den kontrollierten Raum des Internets und wird plötzlich reine Mathematik und, indirekt, ein Naturphänomen. Bitcoin erscheint plötzlich außerhalb aller Unternehmen, Institutionen und Medien – und existiert einfach. Es ist typisch für Bitcoin, weil es eine transformative Technologie ist. So auch beim Mining, wenn Sonnenlicht, Wasserkraft oder Fackelgas über den Umweg der Elektrizität zu magischem Internetgeld mutiert.
Diese Prozesse ziehen Menschen in ihren Bann und lassen das System größer und holistischer erscheinen als andere Internet-Technologien, die wir nutzen. Nicht umsonst gibt es nur bei Bitcoin so viele Metaphern oder Analogien aus der natürlichen Umwelt. Bitcoin ist Zeit, Feuer, Öl oder Mycel – also weitere Bereiche, bei denen eine Art von Transformation im Mittelpunkt steht. Bitcoiner übertragen diese Eigenschaften wiederum auf andere Bereiche und sind fasziniert von Transformationen unterschiedlichster Art, ganz gleich ob in Kunst, in der Natur oder in der eigenen Lebensführung. Liegt es vielleicht daran, dass Bitcoin selbst transformiert?
Ein Gedankenspiel: Was wäre passiert, wenn jemand das magische Internetgeld vor 500 oder gar 1000 Jahren präsentiert hätte? Wie hätten damalige Zeitgenossen ein unsichtbares Geld rezipiert, das in kürzester Zeit Werte über große Distanzen final überträgt oder auf Basis aneinander gereihter Schlüsselwörter Vermögen sichert und damit Eigentum auf Wissen reduziert? Was hätte man über das Lightning Netzwerk mit multiplen Unterverträgen innerhalb einzelner Zahlungen gedacht?
Vermutlich hätten Menschen das alles für Magie gehalten und die verantwortlichen Bitcoiner für den Spuk und die größenwahnsinnigen Ziele verfolgt. Die Kirche hätte einen unerbittlichen Kampf gegen die digitale Münze geführt und die undurchsichtige Geheimlehre dahinter verboten. So ähnlich erging es auch der Lehre der Alchemie, die über mehrere tausend Jahre so obskur blieb, dass nur ein kleiner Kreis an Gelehrten in die Tiefen des mysteriösen Kaninchenbaus hinabstieg.
Zu den Klischees, die sich beim Thema Alchemie hartnäckig gehalten haben, gehört der Versuch, aus gewöhnlichen Metallen Gold herzustellen. Auch wenn sich Alchemisten tatsächlich auch damit beschäftigten, ist diese Darstellung extrem verkürzt. Aber sie liefert seit Jahren für Journalisten klassischer Medien eine beliebte Metapher. Denn, es liegt ja auf der Hand: Offensichtlich scheiterten Alchemisten an der Herstellung des Edelmetalls, also was liegt näher als ein Vergleich mit der digitalen Untergrundbewegung des 21. Jahrhunderts, die sich erdreistet, mit ein bisschen Mathematik und Kryptologie Werte zu schaffen und dabei unsere Gesellschaft zu verändern? Doch beides ist mehr: Bitcoin ist viel mehr als nur digitales Gold. Und Alchemie war zu jeder Zeit mehr als ein dysfunktionaler Chemiebaukasten, der am entscheidenen Experiment scheiterte. Um zu verstehen, was beide gemeinsam haben, muss man etwas genauer hinsehen.
Die Lehre der Transmutation
Was war also diese obskure Geheimlehre der Alchemie, die sich an unterschiedlichen Orten der Welt vor über 2000 Jahren verbreitete und bis heute eine magische Anziehungskraft hat? Es war der Versuch, das Universum zu verstehen und zwar – gleichzeitig – auf materieller, mystischer und philosophischer Ebene. Es war eine Art Naturphilosophie, die sich mit Transformation – oder „Transmutation“ – befasste. Dazu gehörte der Übergang von einem Material in ein anderes. So eben auch von gewöhnlichem Metall zu Gold. Es thematisierte aber auch den Übergang immaterieller, spiritueller Zustände.
Zur Erforschung des Universums gehörten auch Versuche im Labor. Und auch wenn viele Aspekte und Prozesse der Alchemie bis heute nicht verstanden werden können, weil die Protagonisten ihre Arbeit verschlüsselten, entstanden in diesen Laboren unzählige Errungenschaften, zum Beispiel aus den Bereichen der heutigen Pharmazie, Chemie, Metallurgie oder Astronomie. Die heutige Wissenschaft wäre undenkbar ohne die Alchemie.
Schwefel, Schwarzpulver und Quecksilber
Zu den Errungenschaften der Alchemie gehört zum Beispiel das Schießpulver, das in Europa ein Alchemist namens Berthold Schwarz entdeckte, aber auch das Verständnis von und der Umgang mit Schwefel, Quecksilber oder Vorgängen wie Oxidation oder alkalischen Reaktionen. Alchemisten beschäftigten sich mit all diesen Prozessen weil sie sozusagen die der Welt zu Grunde liegende „Programmierung“ verstehen wollten. Doch Alchemie auf das Labor zu reduzieren, ist kurzsichtig. Es ging schließlich bei Transformationen immer auch um die symbolische oder metaphorische Ebene. Die Ebenen voneinander zu trennen ist, als würde man aus dem einem holistischen Geldsystem wie Bitcoin mit seinem ökonomischen und philosophischen Fundament einen technischen Teilbereich wie „Blockchain“ lösen.
Auch bei Bitcoin verschmelzen mehrere Ebenen, die sich gegenseitig bedingen. Dazu gehören die Dimensionen der Ökonomie oder Philosophie, aber auch Bestandteile der Technologie. Das eine gibt es ohne das andere nicht: Keine fest begrenzte Geldmenge ohne Dezentralität. Keine Freiheit von Zensur ohne global verteilte Nodes. Keine sicheren Transaktionen ohne Mining und keine fest definierte Geldpolitik ohne Energieaufwand. Doch tatsächlich gehört es zur Krankheit unserer Zeit, holistische Prozesse isolieren zu wollen. Daher sieht man zum Beispiel Bitcoin immer noch als Vorstufe für spätere Entwicklungen im Bereich Geld – Blockchain not Bitcoin also. Und im Fall der Alchemie: „Chemistry not Alchemy“.
Alchemie als Protowissenschaft
Bis heute hält sich das Urteil, Alchemie sei eine Protowissenschaft. Dabei geht man davon aus, dass es nur eine Vorstufe der heutigen Wissenschaft war, weil sie zwar zu einigen Erkenntnissen führte, aber noch nicht stringent und wissenschaftlich genug betrieben wurde. Und später aus diesem Grund abgelöst wurde. Vor allem die Aufklärung mit ihrer Reduktion auf Vernunft war es, die Alchemie im Laufe der Zeit durch die Chemie ersetzte. Und tatsächlich sind alle Erfahrungen dort eingeflossen: von den Errungenschaften, Entdeckungen über die Laborprozesse bis hin zu Begriffen. Und interessanterweise übt der metaphorische und mystische Teil der Alchemie bis heute seine Anziehungskraft aus – dazu später.
Viele große Denker sind in diesen tiefen Kaninchenbau hinabgestiegen und haben sich darin teils verloren. Manche verbrachten Jahrzehnte damit, verschlüsselte Schriften zu verstehen oder lernten Schriftsysteme wie Kabbalah, um untereinander zu kommunizieren. Darunter auch namhafte Persönlichkeiten wie zum Beispiel Isaac Newton, der vielleicht größte Physiker aller Zeiten, der die Grundgesetze der Mechanik fand, die Gravitation als universelle Kraft entdeckte und die Farbzerlegung des Lichts erklärte. Er produzierte in seiner letzten Lebenshälfte, zum Argwohn vieler Zeitgenossen, zig tausend Seiten zur Alchemie und soll insgesamt mehr als 10% seines Schaffens der Alchemie gewidmet haben.
Isaac Newton und die Alchemie
Als Metallurgie-Nerd konnte Newton ganze 108 Metalle am Geschmack erkennen, einige davon dürften seine Gesundheit ruiniert haben. Nachdem er die Gesetze der Physik in seiner Metaphysik darlegte, hatte er sich so sehr auf das Thema Alchemie eingeschossen, dass es seinen Nachfahren peinlich war. Newton sollte doch der Nachwelt als großer Physiker im Gedächtnis bleiben. Newton hatte wohl mehr an der Alchemie gefunden als nur die Herstellung von Gold. Den wertvollen Rohstoff in Massenproduktion herzustellen, war nicht sein Interesse. Zu sehr wusste der große Physiker und Ökonom die Knappheit von Gold zu schätzen. Denn immerhin war der große Physiker auch Warden of the Mint, der in England zwischen 1699 und 1727 die Herausgabe des britischen Pfunds überwachte und auf die physischen Eigenschaften des Materials setzte. Er setzte den Fachbereichen schlichtweg keine Grenzen, sondern war von Erkenntnisinteresse getrieben.
Symbole der Alchemie: Newton Sans Font
Newton machte auch ausgiebigen Gebrauch von Symbolen und verwendete sie in seinen Manuskripten. Erst 2009/2010 veröffentlichte das „Chymystry of Isaac Newton Project“ ein Unicode Standard Schrift-Set. Der Newton Sans Font inkludiert unzählige Symbole, die im 16. und 17. Jahrhundert verwendet wurden. Und noch viele mehr, die Newton in seinen Aufzeichnungen verwendete.
Noch viel obskurer als Newtons Symbole war das Werk des großen arabischen Alchemisten Jabir ibn Hayyan, der über 300 Bücher über Philosophie, 1300 über mechanische Erfindungen und mehrere hundert über Alchemie geschrieben haben soll. Ein großer Teil seiner Bücher basiert auf der Philosophie der „Science of the Balance“, die alle Phänomene inklusive materielle Substanzen auf quantitative Verhältnisse zu reduzieren versuchte. Weil sein Werk so schwer zu verstehen und mit so vielen Symbolen versehen war, wurde der Name Jabir zur Wurzel des englischen „gibberish“.
Verschlüsseln von Information
Insgesamt hat Alchemie sehr viel mit Codierung und Decodierung von Informationen zu tun. Ein alchemistisches Werk sollte dabei zwei Funktionen erfüllen: Zum einen sicherstellen, dass das Wissen von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird, um die Erkenntnisse für die Zukunft zu sichern. Zum anderen aber das Wissen schützen, damit es niemand von außen lesen kann oder die Erkenntnisse missbraucht. Die teilweise extreme Codierung der Bücher sollte also die Tradition bewahren. Es ging nicht darum, Weitergabe zu verhindern, sondern eine Zugangsbarriere zu errichten. Wissen war also sensible Information, die verschlüsselt werden musste.
Es gibt auch in der Alchemie viele extreme Beispiel für Verschlüsselungen. Eins war das Werk des Mathematikers, Astronomen, Astrologen und Alchemisten John Dee, der im 16. Jahrhundert auch als Berater von Queen Elizabeth I. war. Er codierte sein alchemistisches Wissen in umfangreichen Diagrammen und Symbolen, die seit Jahrhunderten Alchemisten und Leser beschäftigen. Bis heute können Wissenschaftler über die Bedeutung nur spekulieren.
Mitunter war auch nicht klar, auf welcher Ebene sich die Information abspielte. So erschien im 17. Jahrhundert ein Text mit dem Titel „Mutus Liber“, der viele Illustrationen enthielt, die zeigten, wie man Blei zu Gold verarbeitete, begleitet von lateinischen Versen. Doch der Clou bestand darin, dass sowohl Text als auch Bilder nicht wörtlich gemeint waren. Sie mussten erst interpretiert werden, um den wahren Inhalt darzustellen.
Bitcoin als Metapher
Bitcoin ist ein kryptografisches System und eine Transaktion erfüllt parallel zwei gegensätzliche Funktionen. So soll jede Transaktion die Privatsphäre schützen und sicher sein, aber sie soll auch öffentlich nachvollziehbar sein. Zugang gewährt ein Private Key. Wer ihn kennt, wird zum Eigentümer. Und auch wenn Bitcoin keine Münze mit Bildern liefert, bilden die hexadezimalen Zeichen, die das System ermöglichen doch eine indirekte Metapher für Werte, genau wie Rai Steine, Muscheln oder Gold es innerhalb der dazugehörigen Geldsysteme getan haben. Oder im Extremfall Fiatgeld, das gar nicht mehr als die reine Metapher zu bieten hat.
Geld braucht immer ein gemeinsames Glaubenskonstrukt. Der feine Unterschied ist nur, dass ein Rohstoff wie Gold die ökonomischen Regeln über physische Eigenschaften festlegte. Wie viel Gold jedes Jahr neu auf den Markt kam, regelte die Schwierigkeit, es zu schürfen. Bitcoin löst die Stock-to-Flow Balance über Mathematik. Und dabei verschmelzen ökonomische, psychologische oder philosophische Betrachtungen untrennbar mit der Technologie.
Metaphern wiederum funktionieren bei Bitcoin oft ein bisschen anders als gewohnt. Denn Bitcoin liefert als Geld keine Bilder, sondern lädt als gesamtes System zu Analogien ein. Dabei gibt es immer eine abstrakte Quelle der Metapher – das Bitcoin System – und ein konkretes Ziel. So hat Bitcoin die Zivilisation-bringende Kraft des Feuers, ist ein Super-Rohstoff wie Öl, unzerstörbar und dezentral wie Mycel, verlässlich wie Gravitation und ist dabei zugleich ein Kommunikationsmittel wie Sprache, ökonomischer Urmeter oder gleich die Stadt Venedig.
Carl Gustav Jung: Von der Alchemie ins Unterbewusstsein
Die metaphorische Ebene der Alchemie übte seit jeher eine starke Anziehungskraft aus. Und manchmal wurde das Thema erst auf den zweiten Blick interessant. Dabei ist der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung vielleicht das eindrucksvollste Bespiel. Ähnlich wie Michael Saylor, der Bitcoin zunächst in die gleiche Schublade steckte wie „online gambling“, tat der Begründer der analytischen Psychologie die Alchemie lange als „absoluten Irrsinn“ ab, bis ihm beim Lesen eines Buches aufgefallen war, dass restlos alles metaphorisch zu verstehen war. Er tauchte sofort in den Kaninchenbau und veröffentlichte mehrere Bücher zum Thema und machte es sogar zu einem wichtigen Teil seiner psychologischen Theorie. Er ging vor allem auf den Symbolismus der Prozesse und Bilder ein und war der Meinung, Träume mit Hilfe von alchemistischen Symbolen deuten zu können.
Alchemie war für ihn ein Schlüssel zum Unterbewusstsein. Er sammelte daraufhin alchemistische Texte und verbrachte mehr als zwei Jahrzehnte mit Recherche. Doch nicht nur die Symbole hatten es ihm angetan. Auch der siebenstufige Prozess, den Alchemisten im Labor anwandten, wurde von ihm auf die menschliche Psyche übertragen – erhitzen, auflösen, abtrennen, verbinden, fermentieren, destillieren und gerinnen.
Viele Bitcoiner machen es ähnlich wie Carl Gustav Jung und übertragen Prozesse aus dem Bitcoin System auf ihr Leben. Proof-of-Work, der Energieaufwand, der Bitcoin ins Leben ruft und die Sicherheit gewährleistet, wird zum Lebensprinzip. Gewichte stemmen, Sport machen oder Aufwand für ein Kunstwerk sind die Ergebnisse. Viele Bitcoiner beschreiben ihren Erkenntnisprozess als „orange Pille“, die ihr Leben transformiert hat.
Das Universum als Miniaturversuch
Carl Gustav Jung beschrieb diese Ebene der Alchemie als eine Art „Drama“, dessen Aufführung praktisch das gesamte Universum widerspiegele: “Alchemy is a kind of drama, acted out on the stage of the laboratory, in which the whole universe, in miniature, is recapitulated.” In jeder Handlung im Labor gab es folglich neben der materiellen auch eine philosophische und mystische Ebene.
Zu abstrakt? Nehmen wir doch ein konkretes Beispiel: das Element Quecksilber (mercury), das sowohl ein Metall darstellt, als auch einen Planeten (mercury/Merkur), aber auch noch weitere Bedeutungsebenen hatte. Das Material Quecksilber wurde in vielen alchemistischen Experimenten benutzt und galt als einzigartig, weil es Gold auflösen konnte. Der Planet Merkur wiederum hatte für die Alchemisten einen direkten Einfluss auf die Erde. Gleichzeitig wurde es auch als Symbol für das innere Selbst angesehen. Somit war die Herstellung von Quecksilber auch eine geistige Erleuchtung mit planetaren Konsequenzen.
Symbolismus bei Bitcoin
Wie wir bei Newton gesehen haben, hat die Alchemie eine Fülle von Symbolen hervorgebracht, die Elemente oder Planeten beschreiben. Daneben war die Alchemie auch stark von Zahlen geprägt, die jeweils besondere Bedeutungen mitbrachten. So interessierten sich zum Beispiel Alchemisten für die Zahlen 3, 6 und 9. In der alchemistischen Numerologie bedeutet die Zahl 3 die Trinität von Körper, Geist und Seele. Die Nummer 6 repräsentiert Balance und Harmonie und 9 steht für Vervollständigung und die Erlangung von Wissen. Außerdem stand die 6 auch für die damals sechs bekannten Planeten.
3, 6 & 9 als Schlüssel zum Universum
Auch der Erfinder Nikola Tesla war von 3, 6, 9 regelrecht besessen. Für ihn war es die Basis, auf der das gesamte Universum aufgebaut war. So hat ein Atom drei Partikel – Protonen, Neutronen und Elektronen. Und alle wichtigen Zahlen des Universums haben eine digitale Wurzel von 3, 6 oder 9. So hat ein Kreis 360 Grad (3 + 6 + 0 = 9), die Hälfte sind 180 Grad (1 + 8 + 0 = 9), ein Tag hat 24 Stunden (2 + 4 = 6) und so weiter. Für Tesla war es der Schlüssel zum Universum.
Und interessanterweise finden sich genau diese Zahlen auch bei Bitcoin wieder. So ist die digitale Wurzel der 21 Millionen Coins die Zahl 3: Es gibt 33 Halvings (3 + 3 = 6) und die Difficulty Adjustment findet alle 2016 Blöcke statt (2 + 0 + 1 + 6 = 9). Und die digitale Wurzel ergibt auch an vielen anderen Stellen bei Bitcoin immer genau 3, 6 oder 9: So beim ersten Block nach jedem Halving, bei der Anzahl an Coins in jedem Halving, bei der Anzahl an Coins pro Tag und bei der Anzahl der Coins, die nach jedem Halving noch zu minen sind.
Auch die Zahl 21 hatte in der Alchemie eine Bedeutung, und zwar als Summe der drei Stufen der Transmutation: Nigredo (Schwärzung), Albedo (Aufhellung) und Rubedo (Rötung). Jede Stufe wurde durch die Zahl 7 repräsentiert, und die Kombination dieser drei Zahlen (7 + 7 + 7) ergab 21 – die 21 war somit die Vollendung des Prozesses.
Hexaeder und Ventiuno
Bitcoin wird zwar meistens nur als technisch-mathematische Lösung dargestellt, aber dennoch kann man viele verwendete Zahlen auch als symbolisch interpretieren. Die zentrale Zahl 21, die die absolute Anzahl der Coins begrenzt, wird häufig als beliebig angesehen. Aber ist sie es wirklich? Wir erhalten die Zahl, zum Beispiel, indem wir die Zahlen 1,2,3,4,5 und 6 addieren. Somit hat auch ein gewöhnlicher Hexaeder-Würfel genau 21 Augen. Generell ist die Zahl ein elementarer Bestandteil vieler Spiele.
So erschien 1611 in Spanien zum ersten Mal das Kartenspiel namens „Ventiuno“, das auch der Autor Miguel de Cervantes (Don Quixote) beschreibt. Das Ziel: Mit den Karten 21 zu erreichen – aber auf keinen Fall mehr. Doch 21 geht weit über das Spiel hinaus. Auch in der Bibel hat die Zahl eine Bedeutung und wird immer wieder mit dem Neuanfang in Verbindung gebracht. 21 ist das Ende eines Zyklus und der Beginn eines neuen. Es ist Sünde und Rebellion. Es gibt 21 Kapitel im Buch der Richter.
Im Tarot hängt die 21 eng mit 8 und 13 zusammen: 13 ist der Tod und 8 Gerechtigkeit und Stärke. 21 ist die Welt – das komplette Ende eines Lebenszyklus. Zu beliebig? Nein, weder 8 noch 13 oder 21 sind gewöhnliche Zahlen, sondern stammen aus der Fibonacci Folge, die wiederum auch Ausdruck in der Natur findet.
Symbolismus des Bitcoin Logo
Aber der Symbolismus hört nicht mit Satoshis Erfindung auf. Auch das 2010 von Bitboy entworfene Logo hat viele Bedeutungsebenen. So bedient sich das Logo vor allem der magischen Zahl 8, die nach der Internetsprache 1337 als numerische Repräsentation des Buchstaben „B“ gilt. So ist der Neigungswinkel des B genau 13,88 Grad. Die Dimension anderer Formen war stets 12.5 beziehungsweise 1/8 von 100. Der Bitcoin Logo-Kreis ist endlos. Platziert man zwei Kreise aneinander, ergeben sie das unendlich Zeichen – oder wiederum eine seitlich gekippte 8.
Das Bitcoin-Logo ist ebenfalls ein Kreis, der an eine Münze erinnert. Aber es ist auch eine unendliche Linie – und somit Unendlichkeit. Wenn du zwei Kreise nebeneinander legst, ergeben sie das Unendlichkeitszeichen oder wiederum eine seitlich gekippte 8.
Natürlich muss man festhalten, dass Bitcoin und Alchemie selbstverständlich zwei fast gegensätzliche Dinge sind. Bitcoin ist ein exakt definiertes System, das eine konkrete Aufgabe erfüllt. Alchemie hingegen war eine kaum durchschaubare Welt von Symbolen und Prozessen, die scheinbar auf alles übertragen wurden. Aber häufig unterschätzt man, wie stark Bitcoin Philosophie und Mystizismus inspiriert. Ähnlich wie bei der Alchemie steht im Mittelpunkt eine Transformation. Das Geldsystem speist sich sozusagen direkt aus der Natur, indem es Energie zu Geld umwandelt. Interessanterweise gibt es keine andere Kryptowährung, die als Grundlage für Metaphern und Analogien genutzt wird. Es fehlt die alchemistische Transmutation, die Bitcoin von ihnen absetzt.